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Philosophie

Obwohl ich in vielen Punkten mit dem „Tierrechtsphilosophen“ Helmut Kaplan nicht einer Meinung bin, hier einige Texte die ich unterstütze:
Das Ende einer Illusion
Es war eine Illusion zu glauben, dass sich die Tierrechtsbewegung analog zur Befreiung der Sklaven und zur Emanzipation der Frauen entwickeln werde. Logisch und ethisch sprach ja in der Tat viel für eine solche Parallele: In allen drei Fällen geht es darum, moralische Diskriminierungen aufgrund moralisch belangloser Merkmale zu erkennen und zu überwinden: Wir haben erkannt, dass die Hautfarbe belanglos ist. Wir haben erkannt, dass die Geschlechtszugehörigkeit belanglos ist. Und wir beginnen zu erkennen, dass auch die Artzugehörigkeit moralisch belanglos ist: Warum soll man jemanden quälen dürfen, weil er zu einer anderen Art gehört? Die Ausbeutung und Diskriminierung aufgrund der Art, aufgrund der Spezies, der Speziesismus, ist genauso falsch wie Rassismus und Sexismus!Aber drei Punkte haben wir leider nicht oder zu wenig beachtet:

  • Tiere können keinen Beitrag zu ihrer Befreiung leisten.
  • Ihre Peiniger haben keine Rache von ihnen zu befürchten.
  • Bei der Befreiung der Tiere wird der wichtigste oder zweitwichtigste menschliche Trieb massiv berührt: das Essen.

Die illusionäre Einschätzung der Tierrechtsbewegung wurde durch den autistischen, inzestuösen Lebensstil der meisten Tierrechtler begünstigt: Man trifft nur seinesgleichen und hält die hier gemachten Erfahrungen für gesellschaftlich repräsentativ. Nur so sind die hirnrissigen Strategien und haarsträubenden Hoffnungen zu erklären. Wer Kontakt zur gesellschaftlichen Wirklichkeit hat, wer die Menschen beobachtet und wer mit ihnen spricht, erkennt, dass hier mit Ethik und Argumenten meist nichts, aber auch wirklich gar nichts zu erreichen ist.

Der Glaube, dass sich die Befreiung der Tiere in Analogie zur Befreiung der Sklaven und zur Emanzipation der Frauen vollziehen werde, war eine schöne Illusion, vielleicht sogar eine vorübergehend hilfreiche und notwendige Illusion. Aber jetzt ist es hoch an der Zeit, sich von dieser Illusion zu verabschieden.

Wer Tiere retten will, muss Realist werden. Wer noch immer glaubt, dass mit Ethik und Argumenten etwas auszurichten ist, sehe sich die Situation am Pelzsektor an:

  • Nirgendwo sonst ist die Grausamkeit so überflüssig.
  • Nirgendwo sonst ist die Grausamkeit so offensichtlich.
  • Und nirgendwo sonst hat sich so wenig geändert.

Nach wie vor werden Pelze, der Inbegriff absurder, perverser und obszöner Tierausbeutung, wie selbstverständlich ausgestellt und angeboten.

Wer gaubt, in einer Gesellschaft, in der all die Anti-Pelz-Kampagnen praktisch nichts bewirkt haben, Menschen mit Moral zu Veganern machen zu können, ist ein gemeingefährlicher Narr.

Das Erkennen von Illusionen ist die Voraussetzung für die Veränderung der Realität.
Helmut F. Kaplan, www.tierrechte-kaplan.org

Terror in New York – und überall
Der Anschlag auf die beiden Türme des World Trade Center in New York war für die Betroffenen eine schreckliche Katastrophe. Tausende von Opfern in wenigen Minuten. Über Ursachen, Zusammenhänge und Hintergründe wollen wir an dieser Stelle nicht spekulieren. Worum es gehen soll, ist, daran zu erinnern, daß das, was uns hier als größter Terroranschlag der Geschichte wochenlang in Atem hielt, für die Tiere tägliche Realität ist:Tiere werden absichtlich den Bedingungen eines Atomkrieges ausgesetzt, um festzustellen, wie lange sie überleben und wie sie sterben. Tiere werden gefesselt und mit Gewehren beschossen, um die Wirkung neuer Munitionen zu erkunden. Tiere werden bei der „Erschließung“ der Natur, beim Abriß von Gebäuden, beim Bau von Straßen, bei Inbetriebnahme von Staudämmen und so weiter und so fort rücksichtslos verängstigt, vertrieben, verletzt und vernichtet. Vögelschwärme, die den Betrieb auf Flughäfen behindern, werden erbamungslos niedergemetzelt. Überall und ununterbrochen sind Vergasungs- und Vergiftungskommandos unterwegs, um „Ungeziefer“ und andere „Schädlinge“ auf brutalste Weise zu „vertilgen“. Ganz zu schweigen von den rund um die Uhr weltweit stattfindenden Routine-Massakern in Versuchslabors und Schlachthäusern.

Dieser tägliche Terror gegenüber Tieren übersteigt den tödlichen Schrecken von New York um ein Maß, das in Zahlen nicht ausdrückbar ist. Das muß man sich in Erinnerung rufen und vegegenwärtigen, um dafür zu sensibilisieren, wie berechtigt und unabdingbar die Forderungen der Tierrechtsbewegung sind – und wie obszön-„vernünftig“ und zynisch-unzureichend alles ist, was von „besonnenen“ und „realistischen“ Zeitgenossen zur Verbesserung des Loses der Tiere vorgeschlagen wird.

Apropos obszön und zynisch: Im Zuge der Bergungs- und Aufräumungsarbeiten beim World Trade Center kam es auch zu einem „tragischen Mißverständnis“: Ein Polizist erschoß versehentlich einen Hund. Das „tragische Mißverständnis“ bestand aber nicht darin, daß der Hund erschossen wurde, sondern darin, daß es der falsche war: Der Polizist hatte nicht, wie er glaubte, einen schädlichen „Streuner“, sondern einen wertvollen Suchhund („highly trained“ und „very expensive“) getötet.

Wie sagte doch Präsident Bush in bezug auf ausländische Hilfe bei der Suche und Verfolgung der Attentäter: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Diese ebenso unlogische wie unmoralische Aussage beschreibt auch unsere Einstellung gegenüber Tieren: Nur Tiere, die uns nutzen, dürfen, solange sie uns nutzen, leben. Alle anderen sind unsere Feinde und müssen vernichtet werden.

Im nachhinein müssen wir in gewisser Weise sogar dankbar sein, daß Bush Präsident geworden ist: Jetzt haben wir täglich die Gelegenheit, einen Blick in die psychologische Steinzeit zu werfen, einen Blick auf jene Denk- und Handlungsmuster, die es zu überwinden gilt, wenn wir dem Anspruch gerecht werden wollen, zivilisierte, vernünftige und moralische Menschen zu sein.

© Helmut F. Kaplan
www.vegetarismus.org/kaplan